Jean Amérys Debüt als Erstausgabe – Glücksfund und radikales Stück Literatur
Ein früher Versuch des späteren, Aufsehen erregenden Essayisten, die Wundbrände des 20. Jahrhunderts zu benennen – und seine Entschlossenheit, sich ihnen zu stellen.
Dies ist die Geschichte von Eugen Althager, einem Intellektuellen und Außenseiter im Wien Anfang der dreißiger Jahre.
Althager ist arbeitslos, und wir erleben seinen Kampf und seinen Abstieg – zusammen mit dem Verfall der bürgerlichen Kultur in Österreich. Denn die soziale und politische Lage ist äußerst gespannt:
Ein Generalstreik bricht unter den Waffen der Staatsgewalt zusammen, jüdische Mitbürger werden auf offener Straße drangsaliert.
Ein äußerst farbiges, gedankenreiches und künstlerisch durchgearbeitetes Werk: voller Eindrücke aus den großen Caféhäusern Wiens, mit Großstadtszenen und einer Reihe eindrucksvoller Frauenfiguren.
Althager wird durch die Zeitläufte in seine jüdische Identität förmlich hineingezwungen, und er zerbricht an diesem Prozess.
»Die Schiffbrüchigen« ist das spannende, weil subversive Gegenmodell zum Bildungsroman. Geschichte einer verratenen Freundschaft und Künstlerroman, enthält dieser Text schon alle gedanklichen Komplexe, die später Amérys Werk so einzigartig machten.
Ein unerhörter Glücksfall, dass das Manuskript sich durch die Zeit der Verfolgung, Flucht, KZ-Haft und Emigration in einer Wiener Manuskript-Agentur erhalten hat.
Im Marbacher Literatur-Archiv wurde es bei den Arbeiten zur Améry-Gesamtausgabe entdeckt.
Jean Améry, im Oktober 1912 als Hans Mayer in Wien geboren, zählt zu den bedeutendsten europäischen Intellektuellen der sechziger und siebziger Jahre.
Seine bahnbrechenden Essays sind in ihrer Bedeutung vielleicht nur mit den Schriften Hannah Arendts und Theodor W. Adornos zu vergleichen. Als Reflexion über die Existenz im Vernichtungslager stehen sie vermutlich Primo Levis Büchern am nächsten. Zugleich jedoch hat Améry wie kaum ein anderer Intellektueller die deutsche Öffentlichkeit mit französischen Denkern und Schriftstellern bekannt gemacht und konfrontiert.
Jean Améry starb im Oktober 1978 durch eigene Hand.
Pressestimmen
»Es ist ein weitsichtiger Roman über die frühen 30er Jahre in Wien. In diesem Erstling äußert sich eine starke Energie, es gibt wuchtige Formulierungen, harte Ereignisse, vor allem Not.«
Hanjo Kesting, Bayern 2, 22.10.2012
»… ein wichtiges und beeindruckendes Buch.«
Franz Haas, Neue Zürcher Zeitung, 5.6.2007
»Amérys lebenslanges Ressentiment, das sich in seiner Unversöhnlichkeit gegenüber Deutschland äußerte, bekommt durch die Lektüre dieses ganz erstaunlichen Erstlings einen noch viel bittereren Beigeschmack. Seine literarischen Versprechungen liegen auf der Hand und konnten nicht eingelöst werden. Tatsächlich, man müsste diesen Roman auch lesen, wenn er nicht von Jean Améry geschrieben worden wäre.«
Jürgen Altwegg, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 23.3.2007
»“Die Schiffbrüchigen“ sind mehr als nur ein (auto-)biographisches Mosaikstück und mehr als ein Zeitdokument. Der Roman zielt auf eine philosophisch verdichtete Gesamtschau intellektueller Lagen, die auch heute ihre Gültigkeit nicht verloren hat.«
Ulrike Baureithel, Der Tagesspiegel, 11.3.2007
»Doch „Die Schiffbrüchigen“ ist mehr als ein zeitgeschichtliches Dokument: eine beklemmende und radikale Künstler- und Lebensgeschichte.«
Hannoversche Allgemeine Zeitung, 3.4.2007
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