Über Samuel .J. Agnon
„Mit diesem Buch führt Amos Oz uns ein in die erzählte Welt von Samuel J. Agnon, dem großen Klassiker der hebräischen Literatur.
Aber diese Einführung macht zugleich mit Amos Oz’ eigenem Erzählen vertraut; denn Agnon war einer seiner Lehrer, dem Amos Oz als junger Student begegnete. Und nicht wenige seiner Figuren, ihre Begebenheiten und Charaktere, entstanden aus dem literarischen Dialog, den Amos Oz, heute einer der namhaftesten Schriftsteller Israels, seit der ersten frühen Begegnung mit Agnon führt.
Anhand von Agnons Erzählung Tehilla deckt Oz auf, wie sehr der Eindruck der Harmonie bei der gleichnamigen Hauptfigur trügt. Sie ist nicht schicksalsergeben fromm; sie entstammt der Welt von gestern, die an »der Welt der Neuerungen« im modernen Jerusalem zerbricht und vor dem Erzähler ihr Leben Zug um Zug als Hiobsgeschichte aufrollt, um schließlich türenknallend, an Gott und der Welt verzweifelnd, aus der Welt zu scheiden.
Agnons Figuren sind Zerrissene:
Manfred Herbst aus dem großen Jerusalem-Roman Schira ist getrieben von der Sehnsucht nach einer jungen Frau; die Begegnung erschüttert Grundfesten seines Lebens: Hirschel Hurwitz aus Agnons Roman Eine einfache Geschichte versucht sich durch den Wahnsinn vor gesellschaftlichen Konventionen zu retten; Jizchak Kummer schließlich, die Hauptfigur von Gestern, vorgestern, wandert Anfang dieses Jahrhunderts aus einem Grund ins Land Israel ein, der gemeinhin verschwiegen wurde und doch wirkungsmächtig war: aus Sehnsucht nach erotischer Befreiung, die das Stetl nicht gewährte, eine Sehnsucht indessen, die an der Wirklichkeit des neuen Landes zerbricht.
Der Himmel schweigt zu alldem, aber sein Schweigen setzt, wie Oz zeigt, eine Vielfalt von Stimmen, Stimmungen, Widersprüchen, Hoffnungen und Paradoxien frei.
Amos Oz wurde am 4. Mai 1939 in Jerusalem geboren und starb am 28. Dezember 2018 in Tel Aviv. 1954 trat er dem Kibbuz Chulda bei und nahm den Namen Oz an, der auf Hebräisch Kraft, Stärke bedeutet.
Amos Oz war Mitbegründer und herausragender Vertreter der seit 1977 bestehenden Friedensbewegung Schalom achschaw (Peace now) und befürwortete eine Zwei-Staaten-Bildung im israelisch-palästinensischen Konflikt.
Sein Werk wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 1992, dem Goethe-Preis der Stadt Frankfurt am Main 2005 und dem Siegfried Lenz Preis 2014.
Sein bekanntestes Werk Eine Geschichte von Liebe und Finsternis wurde in alle Weltsprachen übersetzt und 2016 als Film adaptiert.
Bewertungen
Es gibt noch keine Bewertungen.